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Wenn KI die Diskussion ersetzt, bleibt das Denken auf der Strecke

In vielen Unternehmen ist es mittlerweile Alltag: Kaum beginnt ein Teammitglied, ein Thema fundiert zu erklären oder eine durchdachte Einschätzung abzugeben, ertönt ein Satz wie aus dem Maschinenraum der Moderne: „Da frag ich erst mal ChatGPT."

16. Mai 2025, von Andreas Blöcher

Was zunächst offen und neugierig klingt, ist in Wahrheit oft ein Rückzug aus dem Gespräch. Eine bequeme Abkürzung, die jede Form von Diskurs umgeht. Was als Hilfsmittel gedacht war, wird zur Ausrede und manchmal sogar zur Abwehr. Die Folge: Argumente versanden, Gespräche verlieren an Tiefe, und statt voneinander zu lernen, blicken alle auf denselben Bildschirm.

Künstliche Intelligenz als Bremse für kollektive Intelligenz

Verstehen wir uns nicht falsch: KI ist ein großartiges Werkzeug. Sie kann strukturieren, erklären, vereinfachen. Doch im Teammeeting geht es nicht nur um Ergebnisse, sondern um das Erleben gemeinsamer Denkräume. Wenn ein Kollege oder eine Kollegin den Mut hat, eine Perspektive zu teilen, darf die Antwort nicht ein Mausklick sein. Wer reflexartig auf die Maschine zeigt, signalisiert: „Dein Wissen reicht mir nicht, ich brauch erst Bestätigung von woanders."

Dabei entsteht kein Dialog. Es entsteht ein Abbruch.

Die Sackgasse der Bequemlichkeit

Im Blog andreas-bloecher.de steht kognitive Leichtigkeit im Zentrum: ein Zustand, in dem Informationen fließen, Gedanken Raum bekommen und Arbeit nicht zur mentalen Stolperfalle wird. Doch diese Leichtigkeit entsteht nicht durch Bequemlichkeit, sondern durch Bewusstheit. Wer Diskussionen ersetzt, statt sie zu fördern, verhindert genau das: gedankliche Bewegung, Vielfalt der Sichtweisen und das gute Gefühl, gemeinsam etwas durchdacht zu haben.

Was wäre die logische Konsequenz?

Wenn in Meetings sowieso nur noch KI zitiert wird, könnte man auch gleich das gesamte Team durch KI-Agenten ersetzen. Schnellere Antworten, weniger Diskussion und null Identifikation. Doch wer so denkt, hat das Prinzip von Zusammenarbeit nicht verstanden. Es geht nicht darum, wer recht hat. Es geht darum, wie wir gemeinsam denken lernen. Und wie wir mit unterschiedlichem Wissen, mit Erfahrung und mit Irrtum zu besseren Entscheidungen finden.

Ein Appell an die Diskussionskultur

Fragen an ChatGPT sind gut. Aber sie ersetzen nicht das Gespräch. Und schon gar nicht das Vertrauen in die Köpfe im Raum. Wenn jemand etwas sagt, das überzeugt, dann ist Zuhören der erste Schritt zur kognitiven Leichtigkeit. Und nicht das reflexartige „Da frag ich erst mal ChatGPT".

Ausblick

Künstliche Intelligenz darf niemals zur Entwertung menschlicher Beiträge führen. Sie soll uns dienen, nicht ersetzen. Und sie darf auf keinen Fall die Fähigkeit untergraben, im Gespräch zu lernen, zu wachsen und gemeinsam klüger zu werden.

Der Experte


Andreas Blöcher ist Inhaber der Marketing Agentur BLÖCHER in Georgensgmünd. Er entwickelt seit mehr als 25 Jahren umsatzorientierte Kommunikationsstrategien für mittelständische Unternehmen. Als Spezialist für Kommunikationspsychologie zeigt er, wie kognitive Leichtigkeit und klare Routinen digitale Arbeitsweisen spürbar produktiver machen. Neben der Agenturarbeit baut er das Projekt JOBMEO.de auf und veröffentlicht praxisnahe Beiträge zu Marketing und moderner Arbeitsorganisation.

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